Der Rat der Gemeinde Weilerswist hat gestern einen politischen Offenbarungseid abgegeben. Am Abend kam es zu einer vermeintlich dringlichen Sondersitzung des Rates, die jedoch in der Feststellung seiner Beschlussunfähigkeit mündete.
SPD und FDP waren der Einladung nicht gefolgt, waren komplett und geschlossen der Veranstaltung fern geblieben, weshalb diese an der gestrigen Sitzung keine Schuld tragen. CDU und Grüne hatten von ihren insgesamt 18 Ratsmitgliedern nur gerade einmal 14 Mandatsträger zusammengebracht. Also nicht einmal 80% der eigenen Truppe.
Warum die Bürgermeisterin überhaupt zu einer dringlichen Sondersitzung einlud, konnte oder wollte sie nicht nachvollziehbar erklären. Der Vorsitzende der Weilerswister "Unabhängigen", Uwe Wegner, hatte in seiner Einwohnerfrage zu jedem einzelnen Tagesordnungspunkt die Dringlichkeit der Behandlung in Form dieser Ratssitzung in Frage gestellt bzw. wollte diese deutlich begründet wissen.
Übrigens nicht die einzige Einwohnerfrage. Zahlreiche Einwohnerfragen wurden zur Sitzung eingereicht, die meisten etwas mehr als eine Woche vor der gestrigen Sitzung. Es gab jedoch keine Antworten.
Es wurde von der Bürgermeisterin erklärt, dass sie diese schriftlich beantworten wolle, zur Niederschrift der gestrigen Sitzung. So gibt es folglich weiterhin keine Erläuterungen zum ominösen Zahlenwerk in der Ratsvorlage den Winterdienst betreffend. Hier hatten die "Unabhängigen" in Person von Marion Leufer und Matthias Müller als Einwohner ebenfalls kritische Fragen gestellt. Diese wurden bisher vom Rat - der eigentlich dafür zuständig gewesen wäre - nie gestellt und bleiben somit nun weiter unbeantwortet.
Fakt am Rande: vor Jahren erklärte die Bürgermeisterin in einer anderen Ratssitzung: Einwohnerfragen würde sie grundsätzlich nicht schriftlich beantworten. Hier scheint eine gewisse Beliebigkeit praktiziert zu werden!
Erstaunlich auch: von den wenigen Anwesenden schienen nicht alle Ratsmitglieder die Fragen im Vorfeld gekannt zu haben, obgleich fast alle Fragesteller ihre Nachrichten auch den Fraktionsvorsitzenden zugeleitet hatten. Hier scheint ein reibungsloser Informationsfluss innerhalb der Fraktionen entweder problematisch oder aber nicht gewollt zu sein.
Dabei gehören die Antworten auf die gestellten Fragen dem Grunde nach zu einer guten Sachdiskussion über die zukünftige Bereitstellung des Winterdienstes. Zumindest, wenn man denn eine objektive, sachgerechte Entscheidung treffen will und nicht mit Scheuklappen, eine bestimmte Entscheidung, aus welchen Erwägungen heraus auch immer, voranzutreiben gedenkt.
CDU und Grüne im Rat wollen offenkundig eine Ausschreibung zur externen Vergabe des Winterdienstes unbedingt durchboxen und sind sich dabei auch nicht zu schade über den Einspruch von SPD und FDP (gegen den Beschluss des Ausschusses zur Fremdvergabe) in deren Abwesenheit abzulehnen. Dies ist genauso wenig demokratisch, wie Fragen von Einwohnern nicht zu beantworten. Es ist hier zu befürchten, dass die Antworten mit der Niederschrift erst dann vorgelegt werden, wenn der Rat in der Sache bereits endgültig abgestimmt hat.
Es ist bedauerlich, dass kein einziges Ratsmitglied angekündigt hat, nur dann einen Beschluss zu fassen, wenn die Antworten und somit die volle Sachkenntnis vorliege. So trifft sich der Rat nächsten Mittwoch erneut und gilt, unabhängig von der Zahl der erschienen Ratsmitglieder, rechtlich dann als beschlussfähig.
Der Rat kann und wird dann vermutlich einen Beschluss fassen: ohne alle Fakten und Rahmenbedingungen zu kennen und auch nicht zu wissen, ob und wie sich nach einer Ausschreibung für einen Bieter eine Mehrheit im - irgendwann einmal wieder komplett anwesenden - Rat finden lässt.
Apropos Fragen, Fakten, Sachlagen: eine Einwohnerfrage wird von der Bürgermeisterin nunmehr als "nicht eingegangen" gewertet, weil die Bürgerin gestern nicht persönlich anwesend war. Bürgermeisterin Horst erklärte, sie stehe hier jedoch für ein persönliches Gespräch in ihrer, nach der Coronakrise irgendwann wieder stattfindenden, Bürgermeister-Sprechstunde zur Verfügung. Es kann sich jeder selber überlegen, wie sinnvoll eine Klärung von heute akuten Fragen dann noch ist.
"Nach wie vor wollen wir als Unabhängige sowohl der Bürgermeisterin, als auch ihrem Herausforder Welter, die Chance geben, mit unseren Mitgliedern und interessierten Bürgern in einen Austausch über unsere politischen Ziele, unser Programm einzutreten und nach gemeinsamen Schnittmengen zu suchen. Wenn aber die Bürgermeisterin in dieser Form mit Fragen aus der Bürgerschaft umgeht, ist das nicht mit der für uns wichtigen Transparenz von Entscheidungen vereinbar", erklärt Uwe Wegner. Der Vorsitzende der UWV führt weiter aus: "Ich persönlich kann mir nun definitiv nicht mehr vorstellen, dass wir Unabhängigen, wenn überhaupt von uns eine Kandidatenempfehlung für den Bürgermeisterwahlkampf ausgesprochen wird, sich diese auf Frau Horst beziehen könnte."
Am Rande sei noch als letztes "Schmankerl" erwähnt: es würde zu einer vollständigen Betrachtung auch ein grundlegendes, grünes Anliegen gehören: unter dem Symbolbegriff des "Klimanotstandes" (der vom Rat übrigens nicht beschlossen wurde) wollten die Grünen zukünftig Themen betrachten und bei Beschlüssen zu mehr nachhaltigem, umweltbewussten Handeln aufrufen.
Nunmehr nehmen aber genau diese Grünen mit ihrer Haltung billigend in Kauf, dass zukünftig eine externe Firma längere Fahrtwege auf sich nimmt, um in Weilerswist eine Aufgabe der Gefahrenabwehr wahrzunehmen.
Die gestrige Sitzung kann damit schlussendlich nur noch als politischer Offenbarungseid angesehen werden.
Es wird Zeit für neues Denken in der Weilerswister Politik.